Affichage des articles dont le libellé est Auf deutsch. Afficher tous les articles
Affichage des articles dont le libellé est Auf deutsch. Afficher tous les articles

samedi 1 octobre 2022

Wie Lotusblumen

 

Moammar Atwi

Ihre Körper treiben an der Wasseroberfläche. 

Ihre Brüste umarmen die Algen,

Ihre Rücken schelten den Himmel.

Hinter ihnen befindet sich ein mörderischer Tyrann,

Vor ihnen ein dunkles Schicksal…

Zwischen dem Weggehen und dem Weggehen

liegen die Tränen und die Angst.

Sie sind Flüchtlinge, von Tod zu Tod.

Im neuen Zeitalter der Kommunikation können sie den Ort ihres Todes wählen, 

haben jedoch nicht das Recht zu leben, wo sie es wünschen …

Die Lotusblumen schließen die Augen zu Beginn der Nacht. 

Noch es ist eine lange Nacht ohne Erwachen.


Aus dem Französischen von Sylvie Rilling



lundi 12 septembre 2022

Meine Schwalbe







Meine Schwalbe

Ich lernte Dich zum falschen Zeitpunkt kennen,
am Ort der tödlichen Paradoxe,
wo die Liebe ein Vorwurf ist und das Herz ein Existenzfehler.
Es ist die Zeit der Guillotine.   
Wehe die Zwietracht der sündigen Liebe.
Meine Schwalbe…Wie schön der Aufbruch zu einer Welt ohne
Fehler.


Übersetzt von Sebastian Heine und Sarjoun Karam,
lektoriert von Cornelia Zierat
       


سنونوتي

عرفتكِ في الزمان الخطأ
في مكان المفارقات القاتلة..








حيث الحب تهمة والفؤاد خطأ وجودي
هذا زمان المقصلة
فحذار فتنة العشق الآثم
سنونوتي.. ما أجمل الرحيل  الى عالم بلا خطأ






Link:  https://signaturen-magazin.de/moammar-atwi--mythen,-die-einsamkeit-schaffen.html

Ich bin das Kind dieser Welt




Als ich die Ideologie tötete,
vergaß ich die Bedeutung der Zugehörigkeit.
Werde ich zu einem Stein
Oder zu einem Olivenbaum?
Oder zu einem Menschen, dem ich nicht ähnlich bin?
Oder komme ich zu einer Anschauung, die man nicht begreifen kann?
Der Aufstand gegen die Herrschaft der Herde,
ist die Suche nach einer geistigen Welt weitab des Bekannten...
Sie verstoßen mich, denn ich tötete ihre Götter.
Ich gehöre der ausgedehnten Atmosphäre an,
die geographischen Grenzen, die Ethnien und das Verborgene überschreitend.
Meine Identität ist unabhängig von der Stimme der Masse,
der gefolgten Ideologie
und dem Diktat, das mit schmutzigen Gedanken beladen ist.
Die eine Parole
brüllt und keine Zivilisation hervor bringt.
Die eine Parole
Verdrängt den Verstand,
den Willen
und die Identität.
Ich bin das Kind dieser Welt, egal wo ich mich befinde,
mein Selbst in meiner Individualität,
in den Augen einer attraktiven Frau,
im Schoß desjenigen, der meine Humanität,
mein Denken, meine Individualität und meine Frechheit respektiert.


Beirut 2015
Übersetzer: Dr. Sebastian Heine und Dr. Sarjoun Karam


Link. https://signaturen-magazin.de/moammar-atwi--ich-bin-das-kind-dieser-welt.html



mardi 28 juin 2022

Mythen, die Einsamkeit schaffen

 Erster Mythos:


Eva vertreibt uns aus dem Paradies,
verführt uns mit einem Apfel.
Ist es der Sex, der uns zerstört?
Oder unsere Empfindsamkeit?
Oder sind wir seit Beginn der Schöpfung ein Experiment Gottes?
Bestimmt war es nicht bloß ein Apfel.


Zweiter Mythos:

Immer ist Rom stärker als Athen.
Die Stimme des Krieges ist lauter als die Stimme der Erkenntnis.
Die Wörter spalten uns,
die Liebe zur Macht erschüttert uns,
und die Geschichte zieht in uns Tausende Furchen für die Wahrheit.
Jeder steht Gewehr bei Fuß, Gott zu verteidigen.
Ist Gott so schwach, dass er unsere Gebete, unsere Fasten
und unsere Kanonen braucht?
Warum beten wir ihn an?


Dritter Mythos:


Ich bin es, den Eva zweimal vertrieben hat.
Jedes Mal war da ein Apfel und ein Schlangenkopf ...
Ich bin es, der ohne Schlacht das Schwert zückte.
Meine Geliebte warf mich ins Meer mit dem Reisepass.
Meine Freunde hatten nichts gegen den Verlust
eines Telefongesprächs mit mir.
Meinem Volk gelten die Philosophen als
Wahnsinnige oder Ketzer.
Meine deutsche Freundin sagt zu mir:
Ich liebe Dein großes Wissen und Deine intelligenz,
aber ich liebe nicht Dich.
Meine bulgarische Freundin macht mir Vorwürfe,
weil ich sie mit gebrochenem Herzen zurückgelassen habe.
Früher war ich dort, nahe bei Gott,
hier aber bin ich eine Nummer geworden,
die auf ein Visum nach Norden wartet oder auf das Papier
zur Mitgliedschaft in der Herde.

Libanon Berg: Frühlung 2004
Übersetzer: Dr. Sebastian Heine und Dr. Sarjoun Karam

Link. https://signaturen-magazin.de/moammar-atwi--mythen,-die-einsamkeit-schaffen.html

Das Exil als eine andere Heimat

 

Was bedeutet das Exil für mich? Warum habe ich mein Land verlassen, meine Familie, meine Freunde und Freundinnen, meine Kameraden im Kampf für eine Veränderung? Ich habe meine Kindheitserinnerungen verlassen, meine schönen Erlebnisse, meinen Grund und Boden, mein Haus, und meinen Olivenhain.


Viele Fragen laufen kreuz und quer durch meinen Kopf, wie von einem Detektiv gestellt. Aber ich bin verwirrt, was soll ich antworten? Ich könnte die Wartezeit abkürzen mit dem Satz "das Spüren der Entfremdung gegenüber dem eigenen Land ist letal".


Die Angst vor physischer Schädigung kann sich einstellen, nachdem Personen des korrupten Regimes mich mit dem Tode bedroht haben, falls ich sie weiterhin kritisieren sollte.


Ja, Angst, ich bin feige, denn die Seele ist wertvoll. Aber andererseits, verliert ein Kampf ohne Preis seinen Glanz und seinen Sinn? Manchmal habe ich den Eindruck, daß das Exil nicht nur ein Zufluchtsort ist vor Verfolgung, vor Kriegen und vor der Angst. Es schafft eher ein günstiges Klima dafür, das zu vollenden, was man begonnen hat.


Auf der anderen Seite des Mittelmeers hat sich eine andere Welt in sich selbst eingeschlossen, begründet mit einer Lüge, die den Namen wertkonservative Gesellschaft trägt.


Ja, das Exil ist für mich ein großzügiger Raum um frei zu denken, weitab von den Zwängen sozialer Rückständigkeit, religiösen Fanatismus‘, Sicherheitsterrors und politischer Sterilität.


Allerdings, das Exil ist nicht einfach. Es gibt viele Schwierigkeiten, wie das Erlernen einer fremden Sprache, lange Zeit zu leben ohne zu arbeiten, ohne eine eigene Wohnung, die Schwierigkeit, als Flüchtling anerkannt zu werden. Das Erlangen der Zivilrechte fordert einen langen Parcours. Anfangs ist das Exil keineswegs das Land der Ideale, vielleicht muß man unter Brücken schlafen, in Parks oder in Kellern. Aber im Vergleich mit der Situation in meinem Land sind das paradiesische Zustände.


Und so muß man sich an eine andere Kultur anpassen, an die Gebräuche, das soziale Leben, die Mentalität, an die Kommunikation mit anderen Menschen, die Betriebe, anpassen an staatlichen Verordnungen und Kenntnis haben von Vereinigungen, die einem helfen können.

Trotz all‘ dieser Schwierigkeiten bleibt mir das Exil eine neue Heimat, die ich brauche, das Land des Exils, in dem ich mich zu hause fühle. Es ist ein Land, das mich umarmt, das mich respektiert, mir die Hoffnung auf ein besseres Leben gibt.


Die Exilierten leben in ihrem Land ohne jegliches Recht auf Verwirklichung ihrer beruflichen Wünsche oder die Realisierung eines eigenen kleinen Projekts.


Sie spüren, daß sie in ihrer eigenen Heimat leben, weil sie das Recht haben auf Freiheit der Wahl und der Arbeit, auf Selbstverwirklichung und auf ihre Würde. Das hiesige System beruht auf dem Prinzip von „der richtige Mann am richtigen Ort“.


Um die Wahrheit zu sagen: seitdem ich in Frankreich lebe, spüre ich, daß Frankreich meine persönliche Heimat ist; währenddessen im Libanon mein Fühlen ein anderes war, trotz der langen Jahre, die ich dort verbracht habe…. Ich habe gefühlt, daß ich ein Fremder war und nicht dazu gehörte.


Moammar Atwi 


Lambesc 05 Mai 2020

  Vom Französischen :Udo Peschken 

Link: https://signaturen-magazin.de/moammar-atwi--das-exil-als-eine-andere-heimat.html


Böse Gott

 Wie Sünder

In einem großen Gefängnis,
Zwischen vier Wänden,
Werden wir festgenommen,
Ohne Prozess,
Ohne sichtbares Verbrechen.


Ihr lasst uns für einen kurzen Zeitraum,
Eine kurze Entfernung atmen.

Ohne Arbeit, außer der, die Opfer zu zählen;
Jeden Morgen warten wir… Wie viele Kranke?
Wie viele Tote?
Wie viele Genesungen?

Wie ein Totenzähler
Die ganze Welt
Von Kalifornien bis Johannesburg,
Vom Libanon bis Neuseeland.
Die gesamte Welt ist unsere Angst geworden,
unsere Beklommenheit.
Vielleicht sogar darüber hinaus


Leben ohne Leben,
Liebe auf Distanz,
Umarmen, Küssen auf Whatsapp,
Arbeiten durch Hangouts.
Sogar das Lernen und Freunde besuchen geschieht auf Distanz.

Oh, böse Gott
Covid-19,
Sohn der großen Corona
Für Eure Mutter und Eure Onkel Sars, Malaria und Cholera
Befreit uns.

Lasst uns die Luft, die wir verpestet haben, atmen.
Erlaubt uns, zu der Natur, die wir zerstört haben, zurückzukehren,
Wieder Liebesbande zwischen uns zu knüpfen,
Ohne Maske, ohne Handschuhe.

Versprüht Parfüm anstelle von Antiseptika.
Verschwindet von unseren Körpern
Von unserer Erde
Von unserem Salz
Von unserem Brot
Erlaubt uns, nach euch zu leben.


Lambesc, 15. April 2020

Moammar ATWI

Übersetzen von französischSylvie Rilling

mercredi 1 juin 2022

Tagebuch der Isolation

 Das bin nicht ich, das ist nicht meine Welt, die da zusammenschrumpft, die sich in kleines Zimmer zurückzieht. Ich bringe meine Papiere auf dem Schreibtisch andauernd durcheinander.

Zweimal in der Woche Einkaufen-Gehen im Supermarkt um die Ecke. Ich beginne meine Tage mit einer Tasse Kaffee und einer Scheibe Butterbrot. Ich lese die neusten Nachrichten über den Virus und die Informationen betreffs der komplizierten politischen Lage meines Landes auf der anderen Seite des Mittelmeers.


Im Libanon leiden die Menschen unter den katastrophalen Lebensbedingungen und den Folgen der politischen Korruption, vor dem Covid-9 sie haben weit weniger Angst als vor dem Hunger.

Junge Männer und Frauen, und sogar Kinder sterben unter den Kugeln der Sicherheitskräfte, die die korrupten Politiker und ihre Bundesgenossen schützen, den Klerus und die religiösen Führer.

Nach dem Französischunterricht auf Internet gibt es anderes zu tun: das Gemüse schneiden, das Fleisch würzen, den Topf buttern, das Huhn oder das Fleisch aus dem Tiefkühlfach auftauen, jeden Tag ein anderes Gericht zubereiten. Mal koche ich es auf dem Herd, mal bereite ich das Essen auf andere Weise im Ofen. Eher selten esse ich kalt, außer wenn ich mich zu träge fühle.

Der einzige Moment, wo ich durchatme, wo ich entlüfte, ist die eine Stunde des Gehens in der Natur, des Spaziergangs auf dem Lande um das Dorf herum. Es ist die Beatmung des Tages.

Jede Woche schmiede ich Pläne, immer mehr Pläne, aber das ist nutzlos, die Trägheit und die Schläfrigkeit bringen mich um, ich bekomme den Eindruck, daß ich die Kunstfertigkeit meines Schreibvermögens verliere.

In meinen vier Wänden tue ich nichts Nützliches. Kaum, daß ich meine Hausaufgaben gemacht habe, bevor ich meinen Fremdsprachenunterricht auf Hangsouts oder Zoom beginne. Ich schäme mich vor meinem Lehrer, wenn ich den Bildschirm meines PCs öffne, wieder ohne etwas vorbereitet zu haben. Ich komme mir dann vor wie ein kleines Kind, das vermeidet, dem Lehrer zu begegnen, um den Fragen nach den Hausarbeiten zu entgehen.

Ich überfliege die Seiten und die Nachrichten auf den sozialen Medien mehr als einmal am Tag ohne mich zu konzentrieren, einzig und allein fixiert auf die aktuellen Todesraten pro Land bezüglich der Korona-Virus-Infizierten, auf die letzten Zahlen derjenigen, die sich gegen die Krankheit nicht haben wehren können, in den Vereinigten Staaten, in Spanien, in Deutschland, in Italien, in Frankreich, im Libanon, und die tot sind.

Ich lege Bücher auf den Tisch, ohne sie zu öffnen, und ebenso die Tageszeitungen, die ich manchmal kaufe. Oft höre ich klassische Musik, ich versuche jeden Tag neue Sängerinnen und Sänger zu entdecken. Manchmal sehne ich mich nach alten Chansons.

Der Tag vergeht schnell und im Geiste entwickele ich einen Aktionsplan, der von Tag zu Tag aufgeschoben wird. Werde ich weiter an meinem Roman über das Asyl arbeiten? Werde ich Übungen zur französischen Grammatik und zur Konjugation machen? Werde ich ein Gedicht schreiben oder einen Text über den Alltag meiner Isolierung? Sollte ich einen Politik-Artikel schreiben zu den Geschehnissen im Vorderen Orient und in Nordafrika? Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Zwischen Kochen, Surfen im Internet und dem Herumblättern in einem alten Tagebuch oder einem Roman, der seit zwei Monate auf dem Tisch herumliegt, weiß ich nicht, wo ich anfangen soll, bis zum Ende des Tages…., und die Nacht beginnt mit einem langen Film.

Morgens warte ich auf die Elster, die mein Lieblingsvogel ist. Obwohl sie sehr scheu ist, erscheint sie doch behutsam an meinem Fenster.
Wenn das Fenster geschlossen ist, pickt die Elster die Brotkrumen auf, die ich auf das Fensterbrett streue, und fliegt dann weg.

Sie achtet darauf, daß man ihr nicht zu nahe kommt. Und obwohl sie sich dergestalt verhält, ist die Elster dennoch meine Freundin auf Abstand, so wie meine Studien, meine Internet-Meetings, meine Diskussionen und meine Freundschaften.

Moammar Atwi

Geschrieben in Lambesc am 27. April 2020


Übersetzer : Udo Peschken

Article épinglé

Pourquoi les Français accueillent les migrants chez eux ? (2)